Wie funktioniert das Bürgerenergiegesetz?
Bei jeder neuen Windenergieanlage in NRW werden Kommunen und Bürger*innen vor Ort künftig beteiligt. Wer eine neue Windenergieanlage installieren will, ist durch das Gesetz angehalten, mit der Standortgemeinde eine Beteiligungsvereinbarung auszuhandeln. Dabei haben Kommunen und Betreiber*innen hohe Flexibilität, es sind verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten denkbar. Das können zum Beispiel vergünstigte lokale Stromtarife oder pauschale Zahlungen an die Gemeinde und an Anwohner*innen sein. Möglich ist etwa auch eine direkte Beteiligung an Projektgesellschaften oder das Angebot zum Kauf einer oder mehrerer der geplanten Windenergieanlagen. Kommunen und Betreiber*innen können sich auf die vor Ort passende Beteiligungsmöglichkeit einigen. Eine solche Beteiligungsvereinbarung muss spätestens ein Jahr nach Erhalt der Genehmigung für die Windenergieanlage vorliegen, wirksam wird sie, sobald sich das erste Windrad des Projekts dreht.
Erst wenn keine individuelle Beteiligungsvereinbarung zustande kommen sollte, sieht das Gesetz eine sogenannte Ersatzbeteiligung vor. Diese zweite Stufe des Gesetzes sorgt dafür, dass eine Beteiligung der Bürger*innen und der Kommunen zur Pflicht wird. Einigen sich Kommune und Betreiber*innen nicht auf eine der vielen Möglichkeiten zur Beteiligung, greift die aus zwei Säulen bestehende Ersatzbeteiligung. Zum einen erhalten die Bürger*innen das Angebot eines Nachrangdarlehens in Höhe von 20 Prozent der Investitionssumme – das ist ein verzinster Kredit an den/die Windkraftanlagenbetreiber*in. Zusätzlich muss der/die Betreiber*in eine Zahlung von 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde an die Standortgemeinde leisten.
Werden die Zahlungen aus Beteiligungsvereinbarung oder Ersatzbeteiligung nicht ordnungsgemäß beglichen, greift die dritte Stufe des Gesetzes. Dann muss der/die Betreiber*in der Windenergieanlage eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,8 Cent je erzeugter Kilowattstunde an die Standortgemeinde zahlen. Da das finanziell wenig attraktiv ist, haben die Betreiber*innen einen hohen Anreiz, für eine Beteiligung zu sorgen.
Für welche Windräder gilt das Gesetz?
Das Gesetz gilt für alle neuen Windenergieanlagen und greift auch beim Repowering, also dem Ersatz alter Anlagen durch neuere und leistungsstärkere. Ausgenommen sind Anlagen, die durch Bürgerenergiegesellschaften errichtet werden, da bei diesen bereits eine Beteiligung der Bürger*innen erfolgt. Ebenso ausgenommen sind Anlagen zu Forschungszwecken sowie Windenergieanlagen von Unternehmen, die zu deren Eigenversorgung dienen. Zudem gelten Übergangsfristen: Genehmigte Anlagen und Anlagen, bei denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vollständige Unterlagen eingereicht waren, sind ausgenommen, um laufende Projekte nicht zu gefährden.
Was soll mit den kommunalen Einnahmen passieren?
Sie sollen möglichst den Bürger*innen direkt und sichtbar zugutekommen. Das Gesetz empfiehlt den Kommunen, die Einnahmen zur Aufwertung des Ortsbildes, der Verbesserung der Infrastruktur, zur Senkung der Energiekosten oder zur Senkung des Energieverbrauchs einzusetzen oder damit Kultur, Bildung oder Natur-, Arten- und Klimaschutz zu fördern.
Wie geht es weiter?
Die Koalitionsfraktionen von CDU und Grünen werden in dieser Woche das Gesetz in den Landtag einbringen. Dort wird es den üblichen Gesetzgebungsprozess im Parlament durchlaufen. Es wird eine Sachverständigenanhörung geben, außerdem wird das Gesetz im Fachausschuss beraten. Dabei kann es auch noch zu Änderungen kommen. Ziel ist es, dass das Bürgerenergiegesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann.
Bei Rückfragen stehen Euch unser wissenschaftlicher Mitarbeiter für Klimaschutz und Energie Tobias Austrup (tobias.austrup@landtag.nrw.de; 0211 – 884 2826) und ich gern zur Verfügung.
Mit grünen Grüßen
Michael Röls-Leitmann MdL
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Sprecher für Klimaschutz & Energiepolitik
0211/884 2783
michael.roels-leitmann@landtag.nrw.de
www.michael-roels.de